Plenarrede von Carola Wolle zum Antrag der AfD-Fraktion “Obduktion von Coronatoten in Baden-Württemberg” und der Stellungnahme des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration.

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Bereits zu Beginn der ausgerufenen Coronapandemie haben zahlreiche Pathologen darauf hingewiesen, dass die Obduktion der „an/mit Corona“ Verstorbenen ein enorm wichtiges Instrument zur Pandemiebekämpfung ist. Damals wie auch heute noch kritisieren sie, dass viel zu wenig obduziert wird. Damit werde die Chance vertan, sowohl mehr über das Virus, seine Krankheitsfolgen als auch über die Ursachen von Todesfällen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung zu erfahren.

Aktuell liegt die Obduktionsquote bei 12,5 Prozent. Die derzeitige durchschnittliche Obduktionsquote bei Krankenhaustoten in Deutschland liegt bei etwa vier Prozent, bei hoher Varianz. Der Gesetzgeber hat mit der Formulierung des § 9 Absatz 1 a) Nummer 3 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntG) die Förderung des Obduktionswesens durch die Finanzierung klinischer Obduktionen über einen DRG-Zuschlag beschlossen. Der Bundesverband Deutscher Pathologen e. V. weist darauf hin, dass der krankenhausindividuelle DRG-Zuschlag für Obduktionen jedoch erst nach § 2 Absatz 1 der Vereinbarung vom Erreichen einer indikationsbezogenen Obduktionsquote von derzeit 12,5 Prozent abhängig ist. Die Obduktionsrate wurde jährlich nach oben korrigiert, von 7,5 Prozent im Jahre 2017 auf zehn Prozent im Jahr 2018. Ab dem Jahr 2019 gilt auf Bundesebene eine indikationsbezogene Obduktionsrate in Höhe von 12,5 Prozent. Die realitätsferne festgelegte Rate hat entgegen der beabsichtigten Erhöhung der Obduktionsquote zu ihrer weiteren Absenkung geführt.

Aktuell (letzter Stand: August 2020) liegt die Obduktionsvergütung bei 750 Euro. Sowohl die unzureichende Vergütung als auch jahrelange chronische Unterfinanzierung der Pathologieabteilungen führten dazu, dass diese in Bezug auf Infrastruktur und Personalausstattung nur noch in unzureichendem Maße ausgestattet sind.

Mortui vivos docent – die Toten lehren die Lebenden – gilt insbesondere in Pandemiezeiten. Die wissenschaftliche Erforschung der neuen Virusinfektion und der von ihr hervorgerufenen Krankheit Covid-19 im Hinblick auf die Pathogenese und Klinik wird durch chronische Unterfinanzierung pathologischer Abteilungen erheblich eingeschränkt. Des Weiteren ist es enorm wichtig, dass Bürger aufgeklärt und überzeugt werden, dass diese exakten Untersuchungen an Toten genaue Daten liefern, die in einer summarischen und oberflächlichen Erfassung von Covid-19-Toten nicht zutage treten.

Die aktuell lückenhafte und nicht belastbare Datenlage ist nicht akzeptabel und muss dringend geändert werden. Das mit 1,8 Millionen geförderte Projekt zur Covid-19-Obduktionsforschung ist richtig, aber für die Qualitätssicherung im Bereich der stationären Therapie, systematischen Forschung zur Ausbreitung und Eingrenzung des Virus und zur Pathogenese in den verschiedenen Organen, Geweben und Zellen, insgesamt zur Pathologie, Infektiologie und Virologie von Covid-19 nicht ausreichend.