Die gleichstellungspolitische Fraktionssprecherin Carola Wolle hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) vorgeworfen, neuerdings eine falsche und gleichmacherische Männerpolitik zu befördern. „Eher unter dem Corona-Radar und leider mit ihrem falschen Doktortitel veröffentlicht, will Giffey jetzt mit einem hundertseitigen Männer-Dossier gegen ‚Traditionsfallen‘ und ‚Geschlechterklischees‘ vorgehen. Darunter versteht sie zunächst, ‚gesetzliche Fehlanreize zu eliminieren‘ wie die Steuergesetzgebung und die Regelungen zur Unterstützung in den ersten Jahren der Elternschaft. Empfohlen wird die Weiterentwicklung der Einkommensbesteuerung im Übergang zum Realsplitting, um das ‚traditionelle Ernährer-Modell‘ abzuschaffen. Das ist aber längst nicht die einzige Zumutung. Laut Giffey müssen tatsächlich ‚gegenüber manchen Interpretationen von Männlichkeit… auch klarere Grenzen gezogen werden als dies bislang der Fall gewesen‘ ist. Das ist kein Witz.“

So behauptet sie eine „Auflösung von Geschlechternormen“ und verwechselt damit Normativität mit Natürlichkeit, empört sich die Fraktionsvize. „Die Familiengründung ist mitnichten der Punkt, an dem eine ‚Traditionsfalle‘ zuschnappe und ab dem Frauen mehr Familienarbeit, Männer mehr Erwerbsarbeit leisteten. Das liegt einfach in der Natur des Lebens und seiner Weitergabe! Wenn Giffey dann fordert, ‚klischeefreie Lebenswege und die geschlechtsuntypische Berufswahl zu fördern‘ und ‚eine Männerquote in Sozial-, Gesundheits- und Erziehungsberufen‘ einzuführen, ist das – nochmal nicht durch die Hintertür – die politisch erzwungene sozialpsychologische Gleichmachung jener evolutionär-physiologischer Differenzen, ohne die es uns gar nicht gäbe. Quoten werden bislang stets nur dort gefordert, wo es um etwas geht, was man als politisch erstrebenswert betrachtet. Jungen und Männer beschreiten eben nicht einen ‚Lebens- und Berufsweg, der ihre eigenen Talente, Interessen und Begabungen den gesellschaftlichen Vorgaben unterordne‘, sondern beschreiten ihn, weil er ihrer natürlichen Männlichkeit entspricht! Der jüngst verstorbene Sean Connery würde im Grab rotieren, wenn er schon begraben wäre!“

Diese Männlichkeit kann aber nur ablehnen, wer die Männlichkeitsvorstellungen der Väter und Großväter „zerstörerisch“ nennt, erbost sich Wolle. „Komischerweise waren es genau die, die unsere Gesellschaft über alle politisch-historischen Unbilden hinweg bis heute erfolgreich werden ließen. Was Giffey will, ist, diese Erfolge zu negieren. Damit führt sie ihre Aussage, dass ‚Gleichstellungspolitik für Männer kein Gegensatz zur Gleichstellungspolitik für Frauen‘ sei und es sich um ‚zwei Seiten derselben Medaille‘ handele, ad absurdum. Wer zugleich behauptet, dass Jungen und Männer strukturell privilegiert blieben, selbst wenn sie unter Männlichkeitsnormen litten, weswegen man von ihnen einfordern könne, ‚dass sie sich mit diesen Privilegien auseinandersetzen und Gleichstellungsanliegen von Frauen unterstützen‘, lebt in einer ideologisierten Parallelwelt, in die er jeden hineinzwingen will, der diese Welt als eingebildet ablehnt.“

 

Privilegierung fremder Männer

Die Politik der Gleichstellung hat die Politik der Frauenförderung abgelöst, die seinerzeit auf allgemeine Zustimmung stieß, allerdings schon früh im Verdacht stand, nicht etwa Frauen zu fördern, sondern Männer zu behindern, befindet Wolle. „Dass die erhöhte Sensibilität für frauenspezifische Anliegen in den letzten Jahrzehnten zu einem differenzierten Unterstützungsangebot für Frauen geführt habe, was wiederum dazu führte, weitgehend zu übersehen‚ dass Männer ebenfalls spezifische Anliegen haben und einer spezifischen Ansprache bedürfen, erkennt Giffey immerhin noch. Daraus aber abzuleiten, dass ‚Männer aus bildungsfernen Milieus, mit geringen sozioökonomischen Ressourcen oder mit besonderen Verletzlichkeiten‘ wie männliche ‚Geflüchtete‘ besonderer Förderung bedürften, zeigt überdeutlich, worum es Giffey auch noch geht geht: um die Privilegierung fremder gegenüber den schon länger hier lebenden Männern. Das ist unerträglich.“

Wolles Fazit ist vernichtend: „In ihrer ‚Schatzkarte‘, die Männern ‚den Weg zu noch unerschlossenen Horizonten‘ weisen will, finden sich in einem quadrierten Männerschema unter dem Rubrum ‚Sorgfältig Mann sein‘ und dem Slogan ‚Sei umsichtig‘ tatsächlich das Verb ‚begrenzen‘ sowie die Anweisung ‚Nein zu Dominanz, Ausbeutung und aller anderen Gewalt‘, ja gar gegen eine ‚patriarchale Dividende‘ zu sein. Worauf bitte gründet sich das Gewaltmonopol des Staates, dass nun mal weit mehr Männer als Frauen durchsetzen? Wieso wird hier von inneren Grenzen gefaselt, obwohl es seit 2015 keine äußeren Grenzen mehr gibt? Was heißt ‚patriarchale Dividende‘? Dieses ebenso hanebüchene wie ideologisch-vereinseitigende Pamphlet gehört umgehend aus dem, überdies von unseren Steuern finanzierten, Internetauftritt des Ministeriums entfernt! Ich werde über unsere Bundestagsfraktion eine Anfrage initiieren, wieviel Geld uns dieser ideologische Unsinn gekostet hat.“